15.02.2022 / Caroline von Meien-Vogeler
Das traditionelle Klassenzimmer folgt immer derselben Struktur: Die Lehrkraft steht zentriert im vorderen Teil des Raumes und die Schüler:innen füllen an rechteckigen Tischen, meist in Reihen, den Rest des Raumes aus. Gleiches erleben wir auch in vielen Seminarräumen und Hörsälen. Der traditionelle Aufbau von Klassen- und Lernräumen in ganz Deutschland. Weshalb diese starren, lehrerzentrierten Lernräume in unserer heutigen agilen Welt nicht mehr zeitgemäß sind und warum sich diese an die Bedürfnisse unserer Zeit anpassen müssen, damit befasst sich das NOVIGADO Projekt.
Wir, das EinrichtWerk-Team, sind der Überzeugung, dass Lernräume eine entscheidende Rolle bei der Förderung des aktiven Lernens von Schüler:innen sowie innovativer Formen der Pädagogik im Klassenzimmer und Lernumgebungen spielen. Daher stellen wir Ihnen im Folgenden das NOVIGADO Projekt vor.
Das Projekt auf einen Blick
Das Projekt wurde 2021 gemeinsam mit dem Erasmus Programm der Europäischen Union ins Leben gerufen. Schulen und andere Lehreinrichtungen sollen dadurch beim Übergang vom konventionellen und lehrerzentrierten Unterricht hin zu Unterrichtspraktiken, die aktives Lernen in innovativen Lernumgebungen und den Einsatz moderner Technologien fördern, unterstützt werden.
Durch die Gestaltung dieser Lernräume sollen die Schüler:innen Schlüsselkompetenzen und transversale Fähigkeiten erlernen, die für das Leben in der heutigen Gesellschaft, auch in Krisenzeiten, unerlässlich sind. Im Rahmen des Projekts wurden daher Leitlinien für flexible und innovative Lernumgebungen entwickelt, die neben dem aktiven Lernen auch innovativen Unterricht unterstützen sollen.
Die Grundlagen des NOVIGADO Leitfadens
Das 21. Jahrhundert steht im Zeichen des Wandels. Daher fordern Pädagog:innen und Entscheidungsträger:innen die Umstellung der Lernstrukturen auf ein schülerzentriertes, aktives Lernen. So soll die junge Generation von Lernenden auf die vor ihnen liegenden Herausforderungen in einer sich ständig verändernden Welt vorbereitet werden. Dieser Wandel kann nur vollzogen werden, wenn der Bildungskontext geändert wird. Insbesondere durch die Anpassung der Räume auf zeitgemäße Methodik und Pädagogik.
In einer Welt, in der wir den Übergang von der industriellen Wirtschaft und Gesellschaft zur Informations-/Wissenswirtschaft und -gesellschaft hautnah erleben, steigt der Bedarf an hochqualifizierten, kreativen und flexiblen Arbeitskräften. Die Methodik im Unterricht entwickelt sich daher hin zu einer lernzentrierten Pädagogik, die flexibel auf individuelle Anforderungen eingehen kann. Dabei stehen die 4C’s (Critical thinking, Communication, Collaboration und Creativity) der zu vermittelnden Kompetenzen im Mittelpunkt: „kritisches Denken, Kommunikation, Zusammenarbeit und Kreativität“. Diese vier „Super Skills des 21. Jahrhunderts“ bilden die Grundlage der neu gestalteten Lernräume.
Ein kurzer Überblick über die „Super Skills“ des 21. Jahrhunderts
Immer mehr Mitarbeiter:innen der erfolgreichsten Unternehmen sind in den Prozess der kontinuierlichen Verbesserung eingebunden, der von ihnen kritisches Denken und Problemlösungskompetenz verlangt. Die wissensbasierte Wirtschaft erwartet eine Fähigkeit, unbekannte Probleme zu lösen. Zusätzlich muss der Mensch heute parallel in der Lage sein, sich Herausforderungen in der Gesellschaft und der Umwelt zu stellen. Daher ist die Schule der Ort, der den Schülern:innen helfen kann und sollte, kritisches Denken zu entwickeln.
Die Fähigkeit, effektiv zu kommunizieren, war schon immer wichtig, aber die unmittelbare Vermischung von Menschen unterschiedlicher Kulturen, die durch die digitalen Technologien des 21. Jahrhunderts ermöglicht wurde, hat die Notwendigkeit einer effektiven Kommunikation im Vergleich zu früheren Generationen noch deutlich verstärkt.
Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass sich die Schulen auf die Entwicklung von Kommunikationsfähigkeiten konzentrieren, die den Schüler:innen nicht nur während ihrer Ausbildung, sondern auch nach ihrem Abschluss und beim Eintritt in den Arbeitsmarkt helfen.
Neben der Kommunikationsfähigkeit und dem kritischen Denken bildet die Fähigkeit der Zusammenarbeit einen weiteren Baustein. Um Kollaboration unterrichten zu können, sollten Bildungseinrichtungen dazu ermutigt werden, ein kollaboratives Umfeld zum Lernen in Arbeitsgruppen anzubieten. Das Potenzial der Zusammenarbeit beeinflusst so nicht nur das Lehren und Lernen, sondern auch alle anderen Bereiche des Lebens. Teamarbeit ist für die Entwicklung und Umsetzung von komplexen Projekten in den meisten öffentlichen, privaten oder nichtstaatlichen Einrichtungen unerlässlich.
Die letzte Facette des NOVIGADO Leitfadens für innovative Lernraumgestaltung ist die Kreativität. In einer Welt, die dem stetigen und oft schnellen Wandel unterliegt, ist es essentiell, der jungen Generation Kreativität zu vermitteln, um eigene Ideen, Ziele und Strategien zu entwickeln – und nicht, wie in den meisten Schulen heute noch üblich, den Fokus des Lernens auf das Befolgen von Anweisungen und Regeln zu legen. Um den Lernenden diese Kreativität zu vermitteln, müssen moderne Lernräume als agile Werkzeuge genutzt werden können. So können die Lehrkräfte die entsprechenden pädagogischen Methoden, Techniken oder Lehr- und Lernstile auch tatsächlich anwenden.
Die drei Elemente flexibler Lernräume in der modernen Pädagogik
Aktives Lernen ist schülerzentriert, beinhaltet das Lösen von Problemen aus der realen Welt, das Erhalten von Feedback und fördert Denkfähigkeiten höherer Ordnung wie Analyse, Synthese und Bewertung. Für ein erfolgreiches aktives Lernen sollte die Pädagogik auf die physische Umgebung, in der das Lernen stattfindet, sowie die Nutzung der entsprechenden Technologien, abgestimmt sein.